UPDATE 16. April 2025 (18:30 Uhr)
Unterwegs mit den AdBlue-Schnüfflern
Die Manipulation von AdBlue-Systemen in LKW scheint nach wie vor ein großes Thema zu sein. Vor kurzem waren Reporter der BILD live bei AdBlue-Kontrollen auf der A1 bei Stillhorn dabei. Wir haben uns die Technologie, die zum Aufspüren der Abgassünder verwendet wird, genauer angeschaut.
Neben den üblichen Kontrollen zu Reifen, Ladungssicherung oder Drogenkonsum stand bei diesem Einsatz das Thema AdBlue-Manipulation im Fokus. Dazu wurde – zusammen mit Kollegen der dänischen Verkehrsbehörde – ein Spezialfahrzeug eingesetzt. Mit dem besonders ausgerüsteten VW-Bus können Abgas-Sünder während der Fahrt identifiziert werden.
So funktioniert der AdBlue-Betrug
Ohne Manipulation schaltet ein LKW bei leerem AdBlue-Tank in den Notbetrieb und lässt sich im Extremfall gar nicht mehr starten. AdBlue ist eine Harnstofflösung und sorgt in modernen Dieselfahrzeugen für die Reduzierung der gesundheitsschädigenden Stickoxide im Abgas.
Sogenannte AdBlue-Emulatoren umgehen diese Steuerung. Sie täuschen der Fahrzeugelektronik einen gefüllten AdBlue-Tank vor. In der Vergangenheit wurden die Mogelgeräte, die günstig, leicht einzubauen und kaum zu erkennen sind, gerne von – meist ausländischen – Speditionen genutzt. Die sparen damit bares Geld und AdBlue ist ein wesentlicher Kostenfaktor im Transportgewerbe. Allerdings führt der Einsatz solcher Geräte zum Erlöschen der Allgemeinen Betriebserlaubnis und wird als Steuerbetrug gewertet, da die Mautgebühren trotz hohem Stickoxidausstoß zu niedrig berechnet werden.
So wird der Betrug aufgedeckt
Zwei kleine Rohre an der Front des unauffälligen VW-Busses nehmen die Abgase des vorausfahrenden Fahrzeuges auf. Eine Messeinrichtung analysiert in Echtzeit, wie hoch der CO2- sowie der Stickoxidgehalt (NOx) in der Luft sind. Aus beiden Werten errechnet ein Computer, welche Abgasnorm das vordere Fahrzeug einhält (EURO 4, 5, 6). Auf einem Bildschirm werden die Ergebnisse dem „Abgasschnüffler“ direkt angezeigt und der LKW kann einer genauen Kontrolle unterzogen werden.
Wie das Ganze funktioniert, kann man gut in folgendem Video (kein Ton) der Firma Airyx sehen, die die NOx-Messsysteme herstellt. Im Verlauf der Messung fangen die roten Lichter bei Euro V und Euro VI zu blinken an und signalisieren, dass diese Normen gerade nicht eingehalten werden.
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Mehr InformationenIn der Vergangenheit hat bereits die Deutsch Umwelthilfe (DUH) auf den AdBlue-Betrug hingewiesen, nachdem sie mit eigenen Messfahrzeugen Abgasmessungen durchgeführt hat.
Die italienischen Behörden setzen bei der Jagd nach AdBlue-Betrügern auf eine weitere Technologie: Mittels Akustikprüfung wird getestet, ob die AdBlue-Förderpumpe stillgelegt ist. Die erzeugt im Betrieb nämlich ganz bestimmte Tonfrequenzen.
UPDATE 20. Januar 2025
AdBlue-Produktion bei SKW wird auf unbestimmte Zeit gedrosselt – Hohe Gaspreise, CO2-Zertifikate und russische Billigkonkurrenz als Ursache
Schon wieder kommen schlechte Nachrichten aus den Stickstoffwerken Piesteritz (SKW) und die Politik scheint seit der AdBlue-Krise 2022 leider wenig dazugelernt zu haben.
Aufgrund erneut steigender Gaspreise und anhaltend hoher Energienebenkosten will der für Deutschland so wichtige Ammoniak- und AdBlue-Produzent SKW seine Produktion um 50% reduzieren.
Und das, obwohl die Verkaufspreise für Stickstoffdünger gestiegen sind. Doch 80% der Produktionskosten hängen direkt vom Gaspreis ab.
SKW Piesteritz aus Wittenberg stellt nicht nur AdBlue her, sondern vor allem Ammoniak, das für Stickstoffdünger benötigt wird. Die AdBlue- und Ammoniakproduktion hängen eng zusammen.
- Aus Stickstoff (aus der Luft) und Wasserstoff (aus Erdgas) wird unter hohem Energieverbrauch (aus Erdgas) Ammoniak hergestellt.
- Aus Ammoniak und CO2 wird Harnstoff hergestellt.
- Harnstoff ist die Grundlage für AdBlue.
Als Gründe für die Drosselung nennt die SKW-Führung:
- Gestiegene Gaspreise
- Deutsche Hersteller im Gegensatz zu anderen ausländischen Anbietern nicht von der Gasspeicher-Umlage befreit
- Teure CO2-Zertifikate
- Importe von billigem russischen Stickstoff-Dünger
(Russische Hersteller bekommen billiges Erdgas. Der Import von Stickstoffdünger aus Russland fällt nicht unter die Sanktionen gegen Putin)
Die Exporte von russischem Stickstoffdünger in die EU haben sich von 0,82 Millionen Tonnen in 20/21 auf 1,78 Mio. t in 23/24 mehr als verdoppelt.
Ohne Stickstoffdünger funktioniert keine Landwirtschaft und ohne AdBlue fahren keine (modernen) Diesel-LKW, mit denen Waren in die Supermärkte gebracht werden. Nach der Krise 2022 und der aktuellen Entwicklung wäre es Zeit für die Politik, darüber nachzudenken, ob eine nachhaltige nationale Strategie für Ammoniak und AdBlue (Harnstoff) nicht doch sinnvoll wäre. Australien hat das bereits 2022 gemacht